(FAST) DIE MUTTER ALLER DERBYS
gibt es im deutschen Profi-Eishockey
kein Duell, das auf eine längere
Tradition zurückblicken kann. Denn
jene Mannschaften, die an diesen
kalten Januartag 1914 gegeneinander
antraten, waren die Vorläufer ihrer
heutigen DEL-Nachfahren. Während
die Entwicklung vom MTV München
zum EHC Red Bull München nur über
mehrere Ecken nachzuvollziehen ist
, entwickelte sich aus dem Nürnberger
EC ziemlich direkt der EHC 1980
Nürnberg e.V. und damit die Nürnberg
Ice Tigers. Aus dem Nürnberger
Eishockeyclub entwickelte sich nach
dem Ersten Weltkrieg zunächst die
Eishockeyabteilung des TV 1846
Nürnberg und 1920 daraus wiederum
die Eishockeyabteilung der Hockeygesellschaft
Nürnberg (HGN). Diese
stellte über mehrere Jahrzehnte die
erfolgreichste Nürnberger Eishockeymannschaft.
Legendär wurden unter
anderem die Duelle mit dem Nürnberger
Hockey- und Tennisclub (NHTC)
und dem „Club“ selbst. Denn auch der
1. FC Nürnberg gönnte sich zeitweise
eine eigene Eishockeymannschaft.
Im Jahr 1959 fusionierte die HGN nach
dem Aufstieg in die Oberliga mit dem
Club am Marienberg (CaM) schließlich
zur Sportgemeinschaft Nürnberg, die
wiederum in den folgenden 20 Jahren
für hochklassiges Zweitliga-Eishockey
sorgte. Als nach der Saison 1979/80
der Spielbetrieb finanziell nicht mehr
aufrechterhalten werden konnte, löste
sich der Verein auf. Einige verbliebene
Spieler und Funktionäre gründeten
daraufhin den EHC 1980 Nürnberg
e.V. als direkten Nachfolgerverein. Der
Rest ist Geschichte.
Als also 1914 der Nürnberger EC und
der MTV München zum jenem ersten
Derby antraten, begründeten sie eine
Rivalität, die sich bis heute erhalten
hat. Denn obwohl die Vereinsnamen
auf beiden Seiten mehrmals wechselten
und die Vereine in unterschiedlichen
Ligen spielten, die „Grundwürze“
der heutigen Derbys trug das
Spiel am Riessersee 1914 bereits
in sich. Natürlich drehte sich bereits
damals alles um die tiefgreifende
Grundrivalität zwischen Franken und
Bayern. Doch auch ein anderer Faktor
spielte bereits 1914 eine wichtige
Rolle. Es war von Beginn an das Spiel
der Nürnberger Underdogs gegen die
Eishockeyhochburg von der Isar. Denn
während in Alpennähe jeden Winter
schnell gefrorene Seen für das Training
zur Verfügung standen, warteten
die Nürnberger Kufenflitzer oftmals
vergeblich darauf, dass im milderen
Franken die Weiher zufroren.
So verlor der NEC auch die ersten
beiden Spiele im Januar 1914 deutlich
mit 16:3 und 14:0 . Auch wenn
die Niederlagen in den Folgejahren
niedriger ausfielen, sollte es noch bis
1933 dauern, ehe mit der HGN erstmals
eine Nürnberger Mannschaft in
einem offiziellen Spiel eine Münchner
Mannschaft besiegen konnte (4:1).
Wenn die Ice Tigers also im Oktober
wieder einmal in den Süden reisen,
treffen nicht nur zwei bayerische Rivalen
aufeinander. Dann tragen Nürnberg
und München das traditionsreichste
Derby im deutschen Eishockey aus.
Jens Riesner
IN DER JUBELTRAUBE
Die Mutter aller deutschen Eishockey-Derbys: 25.01.1914 - MTV München (weiß) gegen Nürnberger EC (schwarz) 16:3
(Foto: Archiv Ralph Schienhammer)