NIKLAS TREUTLE IM INTERVIEW
Für mich war von Tag eins klar, dass
ich Torwart werden möchte. Die Ausrüstung
der Torhüter hat mich total
begeistert und bei Trainingsspielen
bin ich immer nur vor dem eigenen
Tor am Eis herumgekrabbelt. Viele
Leute haben ja den Spruch im Kopf:
„Der langsamste und faulste gehört
ins Tor.“ Tatsächlich aber müssen
Torhüter gute Schlittschuhläufer sein
und eine extrem schnelle Auffassungsgabe
haben. Der größte Unterschied
ist aber der mentale Aspekt.
Niederlagen und Rückschläge sind als
Torwart oft schwerer zu schlucken,
schließlich hat man den größten Einfluss
auf das Ergebnis.
In jedem Sport, den Kinder und
Jugendliche ausüben, spielen die
Eltern eine wichtige Rolle. Wie war
das bei dir?
Das trifft auch bei mir zu. Um einem
Kind eine Karriere zu ermöglichen,
braucht es Eltern, die für ihre Kinder
einige Opfer bringen. Die Ausrüstung
ist nicht günstig und die unzähligen
Wochenenden, an denen meine
Eltern früh morgens in einem kalten
Eisstadion standen und den ganzen
Tag dort verbracht haben, waren
bestimmt nicht immer leicht. Schafft
man dann den Sprung zu den Profis,
kann man seinen Eltern gar nicht
genug danken.
Wie wichtig war es für dich in deiner
sportlichen Karriere, dass du in die
Sportklasse der Bertolt-Brecht-
Schule in Nürnberg wechseln
konntest?
Das ist für mich bis heute noch einer
der Hauptgründe, warum mir letztendlich
der Sprung zu den Profis geglückt
ist. Im Fußball ist der nächste
Bolzplatz meist nicht weit. Beim
Eishockey hingegen ist jede Minute
auf dem Eis Gold wert. Drei bis vier
zusätzliche Einheiten pro Woche sind
in diesem Alter ein riesiger Vorteil.
Du bist als U16-Nationalspieler von
Nürnberg zu den Kölner Haien gewechselt
in die DNL. Wie schwer ist
dir damals der Schritt gefallen von
Nürnberg und deiner Familie nach
Köln zu wechseln?
Der Schritt fiel mir nicht leicht und
die ganze Saison war für mich nicht
einfach. Dennoch war es rückblickend
die richtige Entscheidung. Dort
herrschte ein ganz anderer Konkurrenzkampf,
was mich auch persönlich
nochmal geprägt hat.
Damals hast du auch unter Rupert
Meister trainiert. Gibt es eigentlich
Trainer und vor allem Torhüter-Trainer
in deiner Karriere, von denen du
besonders viel gelernt hast, die dich
besonders geprägt haben?
Da gibt es natürlich einige. Die Trainer
spielen besonders für Kinder eine
wichtige Rolle und ich kann mich
noch an jeden meiner Nachwuchstrainer
sehr gut erinnern. In meiner
Anfangszeit war Torwarttraining
kaum vorhanden. Damals waren die
Sommercamps bei Helmut de Raaf
enorm wichtig für mich. Heutzutage
sieht das ganz anders aus und die
Torhüter in Nürnberg werden von
Beginn an von André Dietsch, einem
hervorragenden Torwarttrainer, begleitet.
Davon konnte man früher nur
träumen. Ich denke auch gerne an
meine Zusammenarbeit mit Patrick
Dallaire in München zurück, der
mein ganzes Spiel verändert hat und
ich daraufhin meinen NHL-Vertrag
unterschrieben habe.
Wie schwer ist der Schritt als junger
Spieler in der DEL Fuß zu fassen?
Siehst du da Verbesserungspotenzial
in den Statuten für den Nachwuchs?
Der Sprung in die DEL ist nach wie
vor schwer. Ich denke es ist wichtig,
mehr deutsche Trainer in der Liga zu
haben. Entscheidend wäre auch eine
Änderung bei den Ausländerlizenzen.
Ein junger Spieler braucht Vertrauen
und Eiszeit.
Als einzigem Nürnberger Spieler ist
dir bisher der Schritt in die NHL gelungen
– und damit kamen noch mal
ganz andere Anforderungen. Was
hat dich in den USA bei den Arizona
Coyotes am meisten beeindruckt
oder überrascht?
Überrascht hat mich eigentlich gar
nichts, denn ich wusste genau was
mich erwartet. Ein unglaublich hartes
Business. Man lebt wie im Traum,
spielt in den geilsten Arenen und
fliegt mit dem Privatjet durchs Land.
Doch wer nicht gleich funktioniert
wird aussortiert und ist weg vom
Fenster. Da braucht es auch viel
Glück und besonders gutes Timing.
Am beeindruckendsten waren die
Top-Spieler der Teams. Sie sind topfit,
gehen immer voran und bringen
täglich diese außergewöhnlichen
Leistungen.
Die Anforderungen in der NHL sind
ja noch mal ganz andere als in der
DEL, der Konkurrenzkampf ein
anderer. Was ist für dich das Entscheidende,
um dort erfolgreich zu
sein und wie hast du deine Chancen
dort erlebt?
Man muss auf den Punkt genau da
sein, denn viele Chancen gibt es
nicht. Es gibt so viele Spieler die um
einen Platz kämpfen. Das ist zwar
nicht immer einfach, doch so lernt
man, was hartes Training wirklich
bedeutet. Auch innerhalb der Mannschaft
herrscht eine komplett andere
Stimmung, weil niemand seinen Platz
an einen Kollegen verlieren will. Es
war für mich ein tolles und lehrreiches
Jahr, doch das Glück hat ein
bisschen gefehlt. In der NHL habe
ich meiner Meinung nach keine faire
Chance bekommen.